Ausgeforschte E-Mails? Offengelegte Geheimnisse? Ein Hackerangriff auf den Bundestag sorgte für große Verunsicherung. Jetzt wird dort das Computersystem überarbeitet. Viele Fragen sind aber noch offen.
Rund drei Monate nach Bekanntwerden eines großen Hackerangriffs hat der Bundestag sein Computersystem zur Generalüberholung abgeschaltet. Es soll mehrere Tage überarbeitet werden. "Es mussten alle ihre Systeme runterfahren, und jetzt sind wir offline", sagte der Sprecher der Bundestags, Ernst Hebeker, am Donnerstagabend. Ziel sei ein "sauberes und sichereres System". Im Mai war bekanntgeworden, dass unbekannte Täter einen Trojaner in das IT-System geschleust und Daten abgezweigt hatten. "Der Nutzer ist immer ein Risiko"
"Man muss davon ausgehen, dass der Bundestag für Monate ein offenes Buch für die Angreifer war", sagte die Sprecherin des Chaos Computer Clubs, Constanze Kurz. Das sei peinlich für das Parlament. Die Bundestagsverwaltung müsse nun dafür sorgen, Sicherheitslücken zu schließen. "Das wird nicht einfach werden." Zudem müsse man die Parlamentarier gut informieren. "Der Nutzer ist immer ein Risiko."
Auch der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, spricht von einem "durchaus schwerwiegenden" Angriff. Die Informationspolitik kritisierte er als "völlig unzureichend". "So wissen wir bis heute nicht, welche Gremien von Datenabflüssen betroffen waren und welche Teile der IT-Infrastruktur nun ersetzt werden", teilte er auf dpa-Anfrage mit. Austausch zentraler Server?
Zu Details der Generalüberholung schweigt der Bundestag aus Sicherheitsgründen. Nach Informationen aus Parlamentskreisen wird aber nicht nur die Software neu aufgesetzt, sondern es werden auch zentrale Server ausgetauscht. Die Abgeordneten können vorerst nicht auf das System zugreifen, also zum Beispiel auf ihre Bundestags-E-Mails, die Terminverwaltung oder Unterlagen im Intranet.
Die Arbeiten fallen noch in die offizielle Sommerpause des Bundestags. Voraussichtlich im Laufe des Montags soll das Computersystem dann wieder zur Verfügung stehen. Hürde Passwortänderung
Bundestagspräsident Norbert Lammert warnte die Abgeordneten schon einmal vor, sie sollten sich rechtzeitig informieren, wie die Wiederanmeldung funktioniert. Er wolle verzweifelte Anrufe von Kollegen vermeiden, "sie hätten gehört, ab Montag wäre das System wieder verfügbar - sie kämen nur nicht rein", hatte Lammert am Mittwoch in einer Sondersitzung des Bundestags erklärt. Die Abgeordneten müssen ihr Passwort ändern. Für das kompliziertere Verfahren bei Smartphones und Tablets gebe es eine Anleitung im Intranet, die man im Zweifelsfall ausdrucken möge.
Ursprünglich sollten die Arbeiten bereits vergangene Woche beginnen. Sie waren aber wegen der Sondersitzung zum neuen Griechenland-Hilfsprogramm verlegt worden. Was die Überarbeitung des IT-Systems kostet, ist bislang nicht bekannt. Auch die Ermittlungen zur Frage, wer hinter der Hackerattacke steckt, laufen noch.