Das Wove-Band schmiegt sich wie ein eleganter Armreif ums Handgelenk. Bei Berührung zeigt es auf ganzer Länge Uhrzeit, Wetter oder Nachrichten an. Künftig will Entwickler Polyera das flexible Display auch direkt in Kleidungsstücke integrieren.
Äußerlich ähnelt das Wove eher einem Fitness-Band als einer Smartwatch: Es liegt nicht wie eine kleine Anzeigentafel am Handgelenk, sondern wickelt sich als komplette Schirmfläche um den Arm.
Das Problem sei nicht der Schirm als solches gewesen, erklärte CEO Phil Inagaki in einem Interview – biegsame OLEDs und E-Paper-Displays gibt es schon länger. Es musste auch die Elektronik zur Ansteuerung des Wove flexibel sein. Deshalb hat die Firma Polyera Plastiktransistoren auf einem biegsamen Substrat entwickelt.
Das schwarzweiße E-Ink-Display des Wove arbeitet dank seiner Bistabilität sehr sparsam – es benötigt nur beim Inhaltswechsel Energie. Ende 2014 hatte das Unternehmen auch eine Variante mit farbigem OLED-Display gezeigt. Das aktuelle Wove sieht zunächst aus wie ein elegant gemusterter Armreif und zeigt erst auf Berührungen spezifische Inhalte an – die Uhrzeit, einen Kalender oder Benachrichtigungen sind als Kacheln auf ganzer Länge des Bands angeordnet. Steuern lässt sich das Wove per Touchscreen, die Daten kommen wie bei den meisten Smartwatches üblich vom Smartphone. Es soll ein eigenes Ecosystem für Apps und Services erhalten, lautet die Vision des CEO Inagakis. Allerdings sucht Polyera derzeit auch Anwendungsingenieure für iOS und Android.
Kommenden Monat sollen sich Softwareentwickler um die ersten Wove-Muster bewerben können, die Entwicklerversion soll im Dezember 2015 ausgeliefert werden. Offenbar erwartet Polyera viele Entwicklungsstufen: Die Erstausgabe wurde Wove 0.1 getauft. Das kommerzielle Wove-Band möchte das Unternehmen schon Mitte 2016 auf den Markt bringen. Jede Menge Experten unter einem Dach
Polyera entstand bereits 2005 als Ausgründung der Princeton-Universität. Gründer und CEO Phil Inagaki hat sich mit CTO Edzer Huitema einen erfahrenen Polymerelektroniker an Bord geholt: Huitema hatte dieselbe Position bei Polymer Vision inne. Die niederländische Philips-Ausgründung hatte einen E-Reader mit aufrollbarem Display, den "Readius", entwickelt. Polymer Vision wurde allerdings Ende 2012 vom taiwanischen Mutterkonzern Wistron dichtgemacht. Polyeras Senior Vice President Rick Vingerelli war zuvor bei Qualcomm für die inzwischen ad acta gelegte Mirasol-MEMs-Technik verantwortlich, hat also ebenfalls Erfahrung auf dem Gebiet ungewöhnlicher Displays. Der für die Software-Entwicklung zuständige Vizepräsident Deepak Mulchandani stieß von Barnes & Noble zu Polyera, wo er das Ecosystem der Nook-E-Reader verantwortete. Auch der Leiter der Display-Entwicklung, CC Hsiao, sammelte Erfahrung in einem renommierten Unternehmen: Er war beim taiwanischen Displayspezialisten AU Optronics für die Entwicklung von organischen Transistoren, Oxid-TFTs und Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren verantwortlich.
Als einer der Hauptinvestoren nennt Polyera den Chemiekonzern Solvay, außerdem sind die chinesischen Venture-Kapital-Firmen Chengwei Capital und Tsing Capital in der dritten Investitionsrunde dazugestoßen. Seit 2010 hat das in Shokie, Illinois, beheimatete Unternehmen eine Niederlassung in Taiwan. Dort steht auch die Pilotanlage zur Prototypenfertigung und dort feilt die Firma derzeit am Prozess für die Massenfertigung im sogenannten Rollenverfahren, bei dem die Elektronik gedruckt werden soll.
Genau diese Massenfertigung dürfte am Ende der Knackpunkt sein: Gedruckte Elektronik mit ausreichend feinen Strukturen zuverlässig und kostengünstig herzustellen, daran arbeiten auch Branchengrößen wie Samsung oder LG. Bei Polyera haben sich eine Menge Fachleute mit viel Erfahrung auf dem Gebiet der Polymerelektronik zusammengetan. Einige davon haben aber bereits selbst erleben müssen, wie großartige Ideen an vermeintlich profanen Dingen – der kostengünstigen Massenproduktion – scheiterten.