Ein kolumbianischer Gestalter hat ein Konzept für Kinderprothesen entwickelt, die den Betroffenen auch Spaß machen sollen.
Dario schnappt feixend mit den Schaufeln seines Lego-Baggers nach seinem Freund, der lachend zurückweicht. Das bunte Spielzeug ist an Darios Armprothese angeklickt. Dem Achtjährigen fehlt seit der Geburt der rechte Unterarm. Innerhalb weniger Minuten hat er den Bagger zu einem Raumschiff umgebaut, das sich wild um das Ende des Kunstarms dreht und hektisch bunte Lichter aufflackern lässt. Der Freund ist begeistert mit bei der Sache, greift auch mal ein, wenn ein Bauteil klemmt.
Der kolumbianische Designer Carlos Arturo Torres Tovar beobachtet die ins Spiel vertieften Jungen. Als Student im Umeå Design-Institut in Schweden hatte er ein Konzept namens IKO für Kinderprothesen entwickelt, das Dario jetzt ausprobiert. Fokus auf Kinder
Dafür hatte der Designer kürzlich in New York einen der begehrten Core77-Designpreise erhalten. Er war mit den marktüblichen Modellen unzufrieden, weil sie wichtige Aspekte kindlicher Entwicklung vernachlässigen. "Der Fokus der Prothesenhersteller liegt auf Ingenieurslösungen anstatt auf den Kindern", meint er. Künstliche Gliedmaßen fördern die soziale Isolation behinderter Kinder, "das macht es schwer für sie, ein starkes Selbstbewusstsein aufzubauen".
Noch trägt der Junge einen Prototyp. Er besteht aus Kunststoff-Bauteilen sowie Sensoren. Sie registrieren die Aktivität der Muskeln im Armstumpf und senden Signale, um die Bewegungen von Spielzeugen am Ende des Kunstarms zu kontrollieren. Für die Umsetzung sorgt ein Elektromotor, der in die Prothese eingebaut ist. Seine Steckanschlüsse sind mit der Roboter-Spielzeuglinie von Lego kompatibel. An einem Verbindungsstück am Prothesenende lassen sich verschiedene Bauteile und Zwischenstücke für weitere Spielsachen festklicken: etwa eine Hand, deren vier Finger ringförmig angeordnet sind. Damit kann das Kind besser Bälle fangen oder Ansatzstücke für Bagger oder Laserpointer-Schwerter greifen. Lego als Inspiration
Torres ließ sich von Lego-Spielzeugen inspirieren, weil deren Bauteile sich mit ihrem einfachen, aber robusten Stecksystem gut eignen, feste Verbindungen herzustellen – die sich aber auch leicht lösen lassen. Torres suchte zudem Rat bei den Forschern der Future-Labs-Abteilung von Lego, die sich mit der Verbindung von Spielen und Lernen beschäftigt.
Mit ihrer Hilfe konstruierte er die Prothese für Dario. Nur bei Lego soll es nicht bleiben. Auch andere Spielzeughersteller wie Marvel, Hersteller von Superhelden-Figuren, Mattel mit Barbie-Puppenstuben und Modellautos, oder Nintendo will Torres dazu bringen, kompatible Accessoires für das Stecksystem beizutragen.