"Dipolmolekül" ist ein Begriff, der Ihnen in der Chemie begegnen kann. Dabei handelt es sich um Moleküle mit asymmetrischer Ladungsverteilung der Elektronen. Das Wassermolekül ist ein prominentes Beispiel.
Bei einem Dipol sind Ladungen ungleich verteilt
Ein (elektrischer) Dipol ist in der Physik eine Anordnung mit zwei gleichgroßen, jedoch entgegengesetzten elektrischen Ladungen. Diese beiden Ladungen befinden sich in einem geringen Abstand isoliert voneinander.
Für viele Moleküle wird der Ausdruck "Dipolmolekül" in der Chemie genutzt. Diese Moleküle zeigen ausgeprägte, unsymmetrische Ladungsverteilungen der Elektronen, auch wenn das Molekül nach außen hin elektrisch neutral ist. Üblich ist es, solche Moleküle einfach als Dipol oder als polar zu bezeichnen. Modellhaft könnten Sie einen Dipol erzeugen, indem Sie zwei metallische Kugeln in einem nicht allzugroßen Abstand isoliert voneinander aufstellen und diese aufladen. Als Dipol wird in der Elektrotechnik eine in der Mitte gespeiste, stabförmige Antenne bezeichnet. Bewegte Ladungsträger in dieser Dipolantenne sorgen dafür, dass elektromagnetische Wellen abgestrahlt werden. Das Dipolmoment ist für jeden Dipol, egal welcher Größe und welcher Ladung, eine charakteristische Größe. Sie können es im elektrischen Fall als ein Maß für die Ladungstrennung deuten. Das Dipolmoment ist definiert als ? = q * l, wobei q die Ladung und l der Abstand der beiden Ladungen ist. Die Einheit ergibt sich zu Coulombmeter (Cm).
Darüber hinaus spricht man von einem magnetischen Dipol, wenn es sich statt um Ladungen um zwei entgegengesetzte magnetische Pole handelt. Jeder stabförmige Permanentmagnet ist solch ein magnetischer Dipol. Auch das Magnetfeld der Erde können Sie in grober Näherung als magnetischen Dipol bezeichnen.
Die Elektronegativität gibt den Ausschlag
Ein Dipolmolekül hat eine ungleichmäßige Verteilung der Elektronen. Das heißt, der Schwerpunkt der positiven Ladungen der Atomkerne und der Schwerpunkt der negativen Ladungen der Elektronen fallen nicht zusammen. Warum ist das so?
Eine Bindung entsteht in der Chemie immer durch Anziehungskräfte, die ein Atomkern auf die Elektronen des Bindungspartners ausübt - und umgekehrt. Meist handelt es sich dabei um ungleiche Partner, sprich Atome unterschiedlicher Elemente. Der chemische Fachbegriff für derartige Bindungskräfte ist die Elektronegativität. Darunter versteht man das Bestreben von Atomen, das gemeinsame Elektronenpaar in einer Bindung an sich zu ziehen. Die Elektronegativität eines Elementes ist ein reiner Zahlenwert, der sich theoretisch berechnen lässt und als Vergleichswert in chemischen Bindungen dient. Sie können diese Zahlenwerte in Tabellen nachschlagen.
Vereinfacht gesagt ist der Dipolcharakter einer Bindung umso größer, je größer die Differenz der Elektronegativität ist. So entsteht ein dauerhaftes Dipolmolekül
Beispiele für Dipolmoleküle sind daher alle Moleküle, die aus zwei Partnern mit (sehr) unterschiedlicher Elektronennegativität bestehen:
Halogene (Gruppe 7), besonders Fluor, haben eine hohe Elektronegativität. Diese Elemente wollen - entsprechend der Oktettregel - in einer Bindung ihre äußere Elektronenschale mit acht Elektronen besetzen. Grob gesprochen ziehen sie Elektronen in einer Bindung an. Alkali- und Erdalkalimetalle (Gruppe 1 und 2) sowie Wasserstoff haben eine nur geringe Elektronegativität. Die Elemente besitzen nur ein oder zwei Elektronen in ihrer Außenschale, die sie in einer Bindung leicht abgeben. Beim Chlorwasserstoff HCl (und auch beim Fluorwasserstoff HF) beispielsweise gehört das gemeinsame, die Bindung schaffende Elektronenpaar im zeitlichen Mittel mehr dem Chloratom als dem Wasserstoffatom an. Dadurch erhält das Chlor eine negative Teilladung, der Wasserstoff eine positive Teilladung. Im Extremfall gehen die Atome eine Ionenbindung ein, bei der ein oder mehrere Elektronen dauerhaft bei einem der beiden Bindungspartner verbleibt. Natriumchlorid, chemisch NaCl, ist hierfür ein Beispiel. Der sich bildende Kristall besteht aus positiv geladenen Natriumionen und negativ geladenen Chlorionen.
Das Wassermolekül ist ein prägnantes Beispiel
Ein bekanntes Beispiel für ein Dipolmolekül ist das aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom zusammengesetzte Wassermolekül, chemisch H2O. Hier ist das elektronegativere Atom der Sauerstoff, dem nach der Oktettregel zwei Elektronen in der Außenschale fehlen. Tatsächlich ist die Form des H2O-Moleküls ungewöhnlich. Die beiden Wasserstoffkerne sind jeweils an den Sauerstoffkern gebunden und bilden untereinander einen Winkel von 105°. Die beiden Elektronen des Wasserstoffs halten sich dabei bevorzugt in Sauerstoffnähe auf. Das Wassermolekül ist positiv auf Seiten der beiden Wasserstoffkerne und negativ in der Umgebung des Sauerstoffs. Die ungewöhnliche Molekülform hat weitreichende Konsequenzen: Kommen viele derartige Wassermoleküle zusammen, so werden sie sich nicht willkürliche wie ungeladene Teilchen verteilen. Einige der Moleküle werden Bindungen zwischen dem negativen Sauerstoffteil und dem positiven Wasserstoffteil eines anderen Moleküls eingehen. Diese Bindung wird Wasserstoffbrückenbindung genannt. Moleküle lagern sich aneinander, andere reißen sich los. Die Lebensdauer solcher Wasserstoffbrücken liegt im Bereich von Nanosekunden. Je nach Temperatur ist ein Teil der Moleküle zu einer Art räumlichem Netzwerk zusammengeschlossen. Dies bricht schnell wieder auseinander, um sich in anderer Form wieder neu zu bilden. Diese Vernetzung zählt heute zu den Grundlagen für die Anomalieeigenschaften des Wassers.
Zusammenfassend könnten Sie es so formulieren: Ein Dipolmolekül zeichnet sich dadurch aus, dass seine Bindung eine asymmetrische Ladungsverteilung der Elektronen aufweist. Verbindungen aus Alkalimetallen und Halogenen sind gute Beispiele für solche Moleküle. Am bekanntesten ist das polare Wassermolekül.