Viele Fotografen schwören auf das Raw-Format, der Qualität zuliebe. Die Nachrichtenagentur Reuters besteht inzwischen aber auf JPEGs direkt aus der Kamera. Und dafür gibt es gleich zwei gute Gründe.
Die Nachrichtenagentur Reuters hat verschiedenen Medienberichten zufolge ihre freiberuflichen Fotografen per Mail aufgefordert, zukünftig als Aufnahmeformat in der Kamera nur noch JPEG zu verwenden. Bilder, die als Raw aufgenommen und nachträglich vom Fotografen selbst zu JPEGs konvertiert wurden, werde man nicht mehr akzeptieren. Qualität vs. Authentizität
Das ist insofern überraschend, weil das Raw-Format allgemein als das überlegene Aufnahmeformat gilt. Qualitätsbewußte Fotografen wählen als Aufnahmeformat in aller Regel Raw, dann werden die Bilder händisch optimiert und erst im letzten Schritt konvertiert man dann das Bild zum JPEG. Gegen diesen Raw-Workflow wehrt sich nun Reuters. Die Nachrichtenagentur besteht ab sofort auf JPEG als Aufnahmeformat. In diesem Fall sind die Nachbearbeitungsmöglichkeiten für den Fotografen sehr gering. Der von Reuters gewünschte reine JPEG-Workflow wird ansonsten eher von weniger technikaffinen Gelegenheitsnutzern (sogenannten Knipsern) genutzt. Diese verwenden in aller Regel die JPEGS direkt aus der Kamera (sogenannte Out-of-Camera-/OOC-JPEGs) und bearbeiten sie auch nur in seltenen Ausnahmefällen nach.
Der Strategiewechsel bei Reuters soll nicht nur Geschwindigkeitsvorteile bringen, sondern auch die Authentizität der Aufnahmen garantieren. Die umfangreichen Nachbearbeitungsmöglichkeiten von Raw werden sehr häufig genutzt, um ein Bild künstlerisch zu verfremden. Beispielsweise, indem man bestimmte Lichtstimmungen verstärkt, Schatten aufhellt oder Lichter abdunkelt. Aus der Sicht einer Nachrichtenagentur sind diese Bearbeitungen nicht wünschenswert, weil sie den originalen Look einer Aufnahme erheblich verändern können.
Wenn ein Fotograf weiterhin im Raw fotografieren möchte, so soll er laut Reuters die JPEGs parallel zum Raw von der Kamera ausgeben lassen. Eine derartige Funktion ist bei höherwertigen Kameras wie beispielsweise Nikon-DLSRs seit vielen Jahren Standard. Für Reuters ist also wichtig, dass die JPEG-Engine der Kamera genutzt wird und nicht ein Rawkonverter mit Default-Einstellungen. Unverfälschte Wiedergabe?
Das von Reuters gewünschte unverfälschte Bild wird sich durch strikte Vorgabe von OOC-JPEGs nicht in jedem Fall erreichen lassen. Bei günstigen DSLRs sind die OOC-JPEGs beispielsweise selten farblich neutral, die Kamera selbst hebt die Kontrastkurve teils deutlich an. Hier wäre der Raw-Workflow zu bevorzugen, weil man im Konverter eine farblich neutrale Konvertierung selbst festlegen kann. Aus technischer Sicht sollte man es den Fotografen daher besser selbst überlassen, wie sie die sinnvolle Vorgabe einer möglichst unverfälschten Wiedergabe erreichen.
Davon abgesehen ist es Reuters hoch anzurechnen, dass sie der weit verbreiteten nachträglichen Bildmanipulation nun einen Riegel vorschieben wollen. Ein Pressefoto ist eben kein künstlerisches Werk, welches nachträglich vom Fotografen manipuliert werden darf. Es soll die Wirklichkeit abbilden, soweit das eben mit einem Foto möglich ist.