Samsung zahlt nach jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzungen ehemaligen Beschäftigten, die an Krebs erkrankt sind, eine Entschädigung. Trotzdem will es eine Mitschuld daran nicht eingestehen.
Samsung zahlt ehemaligen Beschäftigten, die an Krebs erkrankt sind, endlich eine Entschädigung. Zugleich will sich das Unternehmen aber nicht mit den Betroffenen über Modus und Höhe abstimmen. Nach wie vor weigert sich Samsung auch, einen Zusammenhang zwischen Fertigung und den Erkrankungen einzugestehen. Laut den Erkrankten legt es nicht einmal eine Liste der verwendeten Chemikalien offen.
Erst im Juli hatte ein Mediationsgremium nach langem Ringen vorgeschlagen, welchen Kriterien Entschädigungszahlungen folgen sollen. Der Konzern brach jedoch kurz darauf alle Verhandlungen mit den Betroffenen ab und veröffentlichte seine eigenen Pläne. Zu weiteren Gesprächen und Diskussionen über zukünftigen Präventionsmaßnahmen ist das Unternehmen bisher nicht bereit. Zahlreiche Erkrankungen
Erstmals angekündigt hatte Samsung Entschädigungen für erkrankte ehemalige Angestellte im Frühjahr 2014. In die Öffentlichkeit gelangt war die Angelegenheit durch den Tod der damals 23 Jahre alten Hwan Yu-Mi. Sie starb 2007 an akuter myeloischer Leukämie. 2011 urteilte ein koreanisches Gericht, dass Hwans Erkrankung im Zusammenhang mit ihrer Arbeit bei Samsung stehe.
Im Zusammenhang mit dem Prozess kam eine große Zahl von schweren Erkrankungen unter Samsung-Mitarbeitern ans Licht. 109 Personen starben laut dem Blog faire-computer.de inzwischen an ihrer Erkrankung, rund 200 weitere berichten von Erkrankungen, die sie ihrer Arbeit bei Samsung zuschreiben – es handelt sich bei den Krankheiten um multiple Sklerose und verschiedene Formen von Krebs. Entschuldigung ohne Schuld?
Mit der Ankündigung der Entschädigungen entschuldigte sich Samsung auch – für die Verzögerung der Entschädigungen. Einen Zusammenhang zwischen Fertigungsprozess und Erkrankungen verneint das Unternehmen. Diese Feststellung und eine Versicherung, den Arbeitsschutz zu erhöhen, um schwere Erkrankungen in der Zukunft zu verhindern, sind neben den Entschädigungen zentrale Forderungen der "Supporters for the Health And Rights of People in the Semiconductor industry" (SHARPS), einem Bündnis von betroffenen Familien und Unterstützern.
Bis Mitte 2014 hatte der Konzern nur mit SHARPS verhandelt. Kurz nachdem Samsung Entschädigungen angekündigt hatte, gingen sechs der Familien einen eigenen Weg und gründeten das "Family Settlement Commitee". Die verbliebenen Familien lassen sich weiter von SHARPS vertreten und vermuten, dass den abtrünnigen Familien Geld wichtiger ist als ein Schuldeingeständnis von Samsung oder Sicherheit in den Fabriken. Aufspaltung der Betroffenengruppen
Im September 2014 vereinbarten Samsung und das "Family Settlement Comittee" die Einrichtung eines Mediationsgremiums, dem auch SHARPS im Dezember 2014 beitrat. Dieses Gremium legte am 23. Juli 2015 eine Reihe von Empfehlungen vor: Samsung solle 100 Milliarden koreanische Won (82 Millionen Euro) an eine unabhängige Einrichtung zur Entschädigung der Opfer zahlen. Weiter solle es einen Ombudsmann geben, verantwortlich für Sicherheit in Samsungs Werken.
Die Fälle von Erkrankungen sollen einer von drei Kategorien zugeordnet werden, um die Höhe der Entschädigungen zu bestimmen. Als die Parteien sich über Details nicht einigen konnten, verließ Samsung am dritten August den Mediationsprozess. Zwar werde es eine Institution gründen und diese mit den empfohlenen 100 Milliarden Won finanzieren, die restlichen Kriterien lehnte das Unternehmen jedoch ab. Samsung besetzte sein für die Entschädigungen zuständiges "Compensation Committee" ohne Rücksprache mit SHARPS oder dem "Family Settlement Committee". Protestbrief
Einen Teil der Geschädigten kann Samsung damit offensichtlich zufrieden stellen. Mehr als 60 Anträge auf Entschädigung gingen innerhalb weniger Tage beim Compensation Committee ein, nachdem dies ab 18. September mit der Annahme der Fälle begann. Verärgerung gibt es bei den restlichen Opfern über die Höhe der Entschädigung und Vergabekriterien, die alleine in der Hand von Samsung liegen. Laut Aljazeera America kritisieren Betroffene und Aktivisten von SHARPS diese als intransparent und unfair.
Druck auf Samsung kommt inzwischen auch von einer anderen Seite. Als Reaktion auf Samsungs Alleingang unterzeichneten 10.000 Menschen, darunter Namen wie Noam Chomsky, einen offenen Brief, in dem sie vom Konzern fordern, die Empfehlungen des Mediationsgremiums zu akzeptieren.