Die Anthropologin Gabriella Coleman wollte mehr über Anonymous erfahren – und stellte fest, dass das Hacker-Netzwerk längst vom FBI unterwandert ist.
Gabriella Coleman lehrt an der kanadischen McGill University in Montreal Anthropologie. Bereits seit 2008 erforscht sie Hacker- und Internet-Subkulturen. Ihr neuestes Buch "Hacker, Hoaxer, Whistleblower, Spy: The Many Faces of Anonymous" zeichnet die Entwicklung von Anonymous zu einer politischen Aktivistengruppe nach. Dazu war sie über mehrere Jahre mit etwa 50 Mitgliedern in Kontakt. Die meisten hat sie online getroffen, aber mit gut 15 davon stand sie auch persönlich in Kontakt. "Ich weiß, dass es Menschen bei Anonymous gibt, die ziemlich sauer sind, weil Anonymous politisch geworden ist", sagt Coleman im Interview mit Technology Review. Doch das sei eine Minderheit.
Bedroht, etwa durch Trolle, habe sich Coleman während ihrer Forschung nicht gefühlt. "Ich war mehr besorgt, was die staatliche Überwachung angeht“, berichtet die Anthropologin. Diese "Trolle aus den Justizbehörden", hätten Anonymous bereits seit längerem im Visier gehabt. So war sich Coleman sicher, dass auch sie ihr Interesse erregen würde. Sie berichtet von einem Treffen mit dem Hacker Sabu, der sich später als FBI-Informant entpuppte.
Angesprochen auf die Ursache des Wandels von Anonymous – von einer Gruppe aus der Troll-Subkultur hin zu einem Kollektiv, das gerne mal gegen das Böse in der Welt kämpft – erklärt Coleman, dass Anonymous eine von vielen Troll-Gruppen war. Letztlich habe sich die Gruppe aus einer zynischen und feindseligen Szene abgewandt.
Ob diese Form der politischen Organisation auch ein Modell für die Zukunft ist, hält Coleman für fraglich: "Ich glaube nicht, dass diese Art von Aktivismus Mainstream wird."