Kaum ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen, entstehen neue Begehrlichkeiten für die Nutzung der Daten. Zudem fordert die CDU den Einsatz von Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung.
Die CDU will mit einer erweiterten Nutzung von Vorratsdaten und elektronischen Überwachungsinstrumenten den islamistischen Terrorismus bekämpfen. In einer am Wochenende verabschiedeten Mainzer Erklärung fordert der Bundesvorstand der Partei, dass künftig auch Verfassungsschutzbehörden die von den Providern gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten nutzen dürfen. Zudem will sich die CDU "mit Nachdruck für die wirksame Überwachung auch verschlüsselter Kommunikation", die sogenannte Quellen-TKÜ, einsetzen.
Der Bundesvorstand schreibt zur Begründung: "Die Unterstützer des islamistischen Terrorismus dürfen in unserem Land keinen Vorbereitungs- oder Rückzugsraum finden." Neben der Kommunikationsüberwachung per Quellen-TKÜ (Bundestrojaner) will die CDU den Verfassungsschutzbehörden auch "die Befugnis zur Online-Durchsuchung zur Vorbeugung vor terroristischen Aktivitäten geben". Software dürfte zur Verfügung stehen
Diese beide Instrumente sind zum Teil stark umstritten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) plädierte im vergangenen Jahr mehrfach für die Nutzung der Quellen-TKÜ, um Kommunikation bereits vor deren Verschlüsselung abzufangen. Dies scheint der Bundesregierung sinnvoller und erfolgversprechender, als Hintertüren in Verschlüsselungsprogramme einzubauen. Die entsprechende Software könnte inzwischen zur Verfügung stehen. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte im April 2015 angekündigt, im Herbst 2015 ein solches Programm einsetzen zu können. Eine Software zur Online-Durchsuchung soll es bereits seit 2014 geben.
Das im Oktober 2015 verabschiedete Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung sieht bislang nur eine Nutzung der Daten durch die Strafverfolgungsbehörden bei besonders schweren Straftaten vor. Der CDU-Vorstand folgt mit seinen Plänen der Schwesterpartei CSU, die in Bayern ebenfalls dem Landesverfassungsschutz den Zugriff auf die Daten erlauben will. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte im vergangenen Dezember dazu gesagt: "Es kann nicht sein, dass unsere Nachrichtendienste weniger wissen als Polizei und Strafverfolgungsbehörden." Er war der Ansicht, "dass die vom Bundestag beschlossenen gesetzlichen Grundlagen diese Möglichkeit jetzt auch für den Verfassungsschutz eröffnen".
Konkret bezieht er sich dabei auf den neu gefassten Paragrafen 113c des Telekommunikationsgesetzes, der in bestimmten Fällen die Weitergabe der Daten an eine "Gefahrenabwehrbehörde der Länder" erlaubt. Ob die Landesämter für Verfassungsschutz dazu zählen, ist aber strittig. Das Bundesamt für Verfassungsschutz würde auf jeden Fall nicht unter diesen Passus fallen. Viel Zeit für Diskussionen
Ob der Koalitionspartner SPD im Bund den Vorschlag unterstützen wird, ist bislang unklar. Auf Intervention von Parteichef Sigmar Gabriel hatte Bundesjustizminister Heiko Maas seinen Widerstand gegen die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten aufgegeben. Aus dem Bundesjustizministerium erfuhr Golem.de am Dienstag, dass derzeit keine Änderungen am Gesetz geplant seien. Bevor die Daten überhaupt zur Verfügung stehen, hat die Koalition aber noch reichlich Zeit für Diskussionen.
Zwar ist das Gesetz bereits vor einigen Wochen in Kraft getreten, allerdings startet die eigentliche Vorratsdatenspeicherung wohl erst Mitte 2017. Zuvor muss das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch die Speichervorgaben für die Provider festlegen, die dann innerhalb von sechs Monaten umzusetzen sind. Bis dahin dürfte noch genügend Zeit verbleiben, die rechtlichen Grundlagen der Vorratsdatenspeicherung zu klären. Inzwischen werden bereits Verfassungsbeschwerden vorbereitet.