Aktienkurs im Keller, Aufsichtsratschef ausgewechselt, ein wichtiger Börsengang abgeblasen – Rocket Internet braucht nun gute Nachrichten. Gründer Oliver Samwer versucht es mit viel Geld.
Die Berliner Start-up-Investmentunternehmen Rocket Internet lehnt trotz stark gesunkenen Aktienkurses einen Strategiewechsel ab. "Der Kurs unseres Unternehmens ist, dass wir über viele Jahre noch im Investitionsmodus sind", sagte Gründer und Vorstandschef Oliver Samwer am Dienstag in Berlin. Er sei dagegen, "kurzfristig der Börse immer alle drei Monate Häppchen zu zeigen".
Neues Kapital für langfristige Investitionen bringt demnach der Rocket Internet Capital Partners Fund. In einer ersten Runde habe sein Unternehmen dafür mehr als 420 Millionen US-Dollar (gut 385 Millionen Euro) eingesammelt, gab Samwer bekannt. "Das ist ein unglaublicher Vertrauensbeweis in das Rocket-Geschäftsmodell." Von der Summe kommen 50 Millionen Dollar von Rocket selbst. 2,1 Milliarden Euro mögliche Investitionssumme
Insgesamt werden mehr als 500 Millionen Dollar angestrebt. Der Fonds mit Sitz in Luxemburg sei auf zehn bis zwölf Jahre angelegt und soll sein Geld gemeinsam mit Rocket Internet in aussichtsreiche Jungunternehmen stecken. Zu den Investoren zählen nach Samwers Worten Pensionsfonds, Versicherungen und Stiftungen.
Mit eigenen Barmitteln von 1,7 Milliarden Euro könne Rocket nun insgesamt 2,1 Milliarden Euro investieren, sagte Samwer. "Damit spielen wir international in der Top-Liga der Investoren."
Die Rocket-Aktie hatte in den vergangenen Wochen stark an Wert verloren. Am Dienstag notierte sie zwischen 18,50 Euro und 19 Euro. Mit dem Börsengang im Oktober 2014 waren 42,50 Euro erzielt worden. "Keine Konflikte"
Nach einigen Personalwechseln widersprach Samwer Berichten, wonach es Konflikte im Unternehmen oder mit einem seiner Teilhaber, der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Kinnevik, gebe. "Das Rocket-Kernteam ist unverändert." Es habe zu keinem Zeitpunkt Streit im Aufsichtsrat gegeben.
Im Herbst hatte das Unternehmen den geplanten Börsengang des Lebensmittel-Versenders Hello Fresh aufs Eis gelegt. Hello Fresh sei extrem erfolgreich, man wolle aber auf ein besseres Umfeld warten. "Am Ende gehen sie mit einem Schiff raus, wenn der Wind gut ist."
Samwer sagte, die Verluste seiner wichtigsten Beteiligungen ("Proven Winners") hätten 2015 ihren Höchststand erreicht. "Von nun an geht es runter." Vom vierten Quartal 2017 an sollen drei dieser zwölf Unternehmen dauerhaft profitabel sein. Auch der Schuh- und Modehändler Zalando, der inzwischen Gewinn macht, sei über Jahre für seine Verluste kritisiert worden, verteidigte Samwer den Kurs.