Tischler mit computergesteuerten Fräsmaschinen und Dachdecker mit Drohnen - auch im Handwerk hält die Digitalisierung Einzug. Aber es gibt Nachholbedarf.
EU-Digitalkommissar Günther Oettinger hat das deutsche Handwerk aufgefordert, die Chancen der Digitalisierung stärker zu nutzen. Wer das Thema "nicht aktiv angeht, wird in fünf oder zehn Jahren nicht mehr in der Wirtschafts- und Arbeitswelt sein", mahnte Oettinger in einer Videobotschaft aus Brüssel zur Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse am Mittwoch in München. Der deutsche Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer räumte ein: "Es besteht noch Nachholbedarf."
Aber die Handwerksmesse sei auch eine Leistungsschau in Sachen Digitalisierung: "Wir werden den Betrieben zeigen, was jetzt schon möglich ist in den einzelnen Branchen», sagte Wollseifer. Drohnen, 3D-Drucker und CNC-Fräsen
Der bayerische Handwerkspräsident Georg Schlagbauer sagte, vom Einsatz von Drohnen im Dachdecker-Handwerk bis zu 3-D-Druckern und CNC-Fräsmaschinen sei die Digitalisierung aus dem Handwerk nicht mehr wegzudenken. Aber die Industrie dränge verstärkt in die Produktion von Kleinserien – deshalb müsse das Handwerk die Chancen der Digitalisierung noch stärker nutzen.
Der bayerische Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) sagte, flächendeckend schnelles Internet zu schaffen, sei für ein großes Flächenland wie Bayern schwierig. Der Freistaat wolle das bis 2018 schaffen und dafür über 1,5 Milliarden Euro investieren – mehr als jedes andere Bundesland. Auf der Internationalen Handwerksmesse zeigen mehr als 1000 Aussteller aus 60 Gewerken bis zum 1. März ihr Angebot. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Freitag zum Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft auf die Messe kommen. "Berufsabitur" gefordert
Das Handwerk erwartet auch 2016 ein gutes Jahr mit einem Umsatzwachstum von zwei Prozent. Allerdings wird es wegen des demografischen Wandels und wegen des Trends zur Akademisierung für das Handwerk schwerer, genügend Fachkräfte und Auszubildende zu finden. Wollseifer sagte, 200.000 Handwerksbetriebe suchten in den nächsten zehn Jahren Nachfolger zur Betriebsübergabe.
Der Abwärtstrend bei den Ausbildungsverträgen sei zwar gestoppt. Aber das Handwerk brauche ein "Berufsabitur", bei dem wie in Österreich und der Schweiz Ausbildungsabschluss und Abitur in einem ermöglicht werden. Seehofer sagte seine volle Unterstützung zu, sieht aber Widerstand: Die zuständige "Kultusministerkonferenz ist eine Konferenz der besonderen Art".